Sabine Piechaczek und ihre Mitarbeiter in der Buchhandlung Junius haben sich durch einen großen Bücherstapel gelesen und die aus ihrer Sicht besten Bücher des Herbstes den Besuchern der Veranstaltung „Lesenswert Herbst 2021“ vorgestellt.
„Endlich konnten wir das wieder mit vielen Gästen live in der Buchhandlung tun“, freut sich Sabine Piechaczek, die Inhaberin des Geschäfts in der Sparkassenstraße 4. Die Liste der Empfehlungen ist lang, so dass sicher für jeden etwas dabei ist.
Ute Deelmann empfiehlt Alina Bronskys „Barbara stirbt nicht“, die Geschichte eines alten Ehepaares. Als sie krank wird, muss er auf seine alten Tage lernen wie man Kaffee kocht oder den Staubsauger bändigt. „Urkomisch und zutiefst berührend“, sagt Ute Deelmann. Ihr zweiter Tipp ist „Die Anomalie“ von Hervé Le Tellier. „Manche Bücher passen in kein Genre. Der Titel beschreibt also nicht nur den Inhalt, sondern auch die Kategorisierung des Romans. Das Buch stellt viele Gewissheiten in Frage“, verrät sie. Ihr driter Tipp ist Andreas Pflügers „Ritchie Girl“. Camp Ritchie war ein Ausbildungslager des US-Militärgeheimdienstes. Viele der dort Ausgebildeten waren Emigranten. Zu Ihnen gehört das „Ritchie Girl“ Paula Bloom, eine Amerikanerin, die in Deutschland geboren wurde. Nach dem Krieg kehrt sie nach Frankfurt zurück und hilft mit, die Rolle von Spionen, Kriegsverbrechern und Befehlshabern zu klären…
Bettina Edeler empfiehlt Marco Balzanos „Wenn ich wiederkomme“: Der Roman erzählt die Geschichte von Daniela aus Rumänien, die heimlich nach Mailand fährt, um sich dort als Altenpflegerin und Kindermädchen zu verdingen. Mit dem Geld möchte sie ihren Kindern ein besseres Leben ermöglichen. Doch die Trennung von der Familie bleibt nicht ohne Konsequenzen.
Ihr zweiter Tipp ist der Roman „Das Land der Anderen“ von Leila Slimani, der ebenfalls das Aufeinandertreffen zweier Kulturkrise beschreibt: Mathilde aus dem Elsass heiratet nach dem zweiten Weltkrieg einen Marokkaner…
Beate Hillmann hat Hape Kerkelings „Pfoten vom Tisch!“ gelesen und findet das Katzenbuch „sehr gelungen“.Zudem empfiehlt sie Frida Skybäcks Roman „Das Geheimnis des Bücherschranks“, in dem es um zwei Frauen, Rebecka und ihre Großmutter Anna geht, deren Leben abwechselnd erzählt werden. Rebeckas Geschichte spielt im Jahr 2007, Annas Geschichte während des zweiten Weltkriegs im Jahr 1943…
Heike Krallmann hat sich für Ferzan Özpeleks „Wie ein Atemzug“ entschieden: „Die Vergangenheit zweier Schwestern zwischen Rom und Istanbul — spannend wie ein Krimi“, verspricht sie.
„Nicht nur für Hundefreunde ein Genuss“, sagt sie über Christina Schenks und Denis Schecks Werk „Ein undogmatischer Hund“. In diesem Buch erklärt der Literaturkritiker Denis Scheck nicht nur „wie er auf den Hund gekommen ist“ — nein, auch sein Jack Russell Terrier Stubbs rezensiert, im schönsten Ruhrdeutsch, verschiedene Hundefiguren aus der Literatur aus seiner eigenen Sicht. „Geistreich, witzig und charmant erzählt“, sagt Heike Krallmann. Ihr letzter Tipp gilt Charles Seife, der mit „Stephen Hawking“ die erste, hervorragend recherchierte Biografie zu Hawking nach dessen Tod geschrieben hat.
Sabine Piechaczek begeistert sich in diesem Herbst für Elke Heidenreich Mit „Hier geht’s lang!“ vermittelt diese anschaulich ihre Leseerfahrungen und erklärt, warum gerade Schriftstellerinnen ihr Leben, Lesen und Schreiben beeinflusst haben. „Eine wunderschöne Liebeserklärung ans Buch, die inspiriert und amüsiert“, findet Sabine Piechaczek.
Außerdem empfiehlt sie „Qality Time“ von Miika Nousiainen. „Ein humorvoller, hintergründiger Roman über verpasste Gelegenheiten, unerwartete Chancen mit einem liebenswerten Helden“, verspricht sie.
Ein Buch aus dem Verlag Henselowsky & Boschmann darf bei Sabine Piechaczeks Empfehlungen nicht fehlen: Jo Pestums „Die Schwarzfüße“ haben es ihr angetan. „Georg und seine Freunde lieben Indianergeschichten und taufen ihre Bande „Die Schwarzfüße“. Wir erleben mit ihnen einen ereignisreichen Sommer im Ruhrgebiet des Jahres 1946. Ein spannendes und berührendes Buch, das uns die Nachkriegszeit aus Kinderperspektive sehen lässt“, verrät sie.
Wolfgang Piechaczek ist Krimi-Freund und dass „Terra Alta“ von Javier Cercas so anfängt: „Ihnen wurden Augen, Fingernägel, Zähne und Ohren ausgerissen…“stört ihn gar nicht, nein er empfiehlt es. „Die Geschichte einer Rache, so der Untertitel, ist weit mehr als ein Krimi – ein außergewöhnliches Buch“, sagt Wolfgang Piechaczek.
Reinhard Tötschingers „Rochade“ ist seine zweite Empfehlung: Jan Vermeers berühmtes Gemälde „Die Malkunst“ wird durch einen Anschlag stark beschädigt. Der österreichische Kanzler möchte das Bild für seine Amtsräume und setzt Restaurator Clemens Hartmann zeitlich unter Druck. „Ein unglaublich interessanter Roman, in dem es um Wahrheit und Illusion, Fiktion und Wirklichkeit geht.“
Andrea Reichelt hat sich für „Das letzte Bild“ von Anja Jonuleit entschieden: Im November 1970 kam im norwegischen Bergen eine Frau unter mysteriösen Umständen gewaltsam zu Tode. Der Fall konnte nie aufgeklärt werden. In der Gegenwart entdeckt die Schriftstellerin Eva in der Zeitung ein Phantombild der „Isdal-Frau“, das ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten ist. „Kunstvoll breitet Anja Jonuleit eine Lebensgeschichte aus, in der sie so raffiniert und spannend Fiktion und Realität verbindet, dass man das Buch bis zum Ende am liebsten nicht mehr aus der Hand legen möchte“, meint Andrea Reichelt. Ihr zweiter Tipp ist Uwe Wittstocks „Februar 33 – Der Winter der Literatur“. „Der Autor, Literaturkritiker und Kolumnist Uwe Wittstock begleitet verschiedene Schriftsteller und Künstler Tag für Tag durch den Februar 1933 und zeigt eindringlich, in welch kurzer Zeit die Machtergreifung Adolf Hitlers zementiert wurde“, berichtet sie beeindruckt.
Das Beste kommt zum Schluss: Peter Wöhrl empfiehlt das neueste Werk von Maarten ‘t Hart „Der Nachtstimmer. „Es ist schön, wieder einmal ein Buch von Maarten ’t Hart zu lesen, in die Atmosphäre seiner heimatlichen Landschaft und die liebevolle Beschreibung der Menschen einzutauchen“, sagt er. „Maarten ‘t Hart erzählt mit einer Leichtigkeit, nicht nur in diesem heiteren Roman, sondern auch in den Büchern mit Tiefgang.“
Seine zweite Empfehlung ist Anthony Doerrs „Wolkenkuckucksland“. „Anthony Doerr ist der Schriftsteller für das ganz große literarische Kino“, findet Peter Wöhrl. „In seinem neuen Roman erzählt er nicht nur eine Geschichte, sondern mehrere. In jeder steht ein Kind oder Jugendlicher im Mittelpunkt, mit einer ganz besonderen Verbindung zu Büchern. All diese Erzählungen fügen sich zu einem großen Roman zusammen, der von einem utopischen Land in den Wolken handelt…“
Das sind die Herbst-Tipps der Experten aus der Buchhandlung Junius, für die es immer wieder schwer ist, sich auf zwei oder drei Bücher festzulegen. Dass dieser Tage noch dazu ein neuer Ken Follett erscheint und am 23. November die Outlander-Saga ihren neunten Band erhält, das wissen Bücherwürmer natürlich, das muss man nicht extra empfehlen…